Freiwilliger Klimaschutz wird durch Emissionshandel unterdrückt

Dass es sinnvoll ist, den Ausstoß des wichtigsten Treibhausgases CO2 mit einem Preisschild zu versehen, ist unter Klimaökonomen weitgehend unstrittig – die Diskussion dreht sich vor allem darum, ob man das besser durch eine Steuer oder einen Emissionshandel realisiert. Argumente sind etwa der administrative Aufwand, die Signalwirkung für Investoren oder die politische Durchsetzbarkeit. Eine neue Studie auf Basis eines wissenschaftlich kontrollierten Experiments beleuchtet jetzt einen weiteren, bislang kaum erforschten Aspekt: die Anreizwirkung beider Varianten auf Akteure, die jenseits ihrer ökonomischen Interessen moralisch handeln wollen. Die Studie wurde erstellt von den Ökonomen Axel Ockenfels, Peter Werner und Ottmar Edenhofer und jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Nature Sustainability veröffentlicht.

Ockenfels leitet das Exzellenzzentrum für Soziales und Ökonomisches Verhalten an der Universität zu Köln, Werner ist Associate Professor für Verhaltensökonomik an der Universität Maastricht, und Edenhofer ist Direktor des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) sowie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). An dem Experiment für die Studie haben rund 1000 Studentinnen und Studenten in Köln mitgewirkt. „Wir zeigen, dass die direkte CO2-Bepreisung durch eine Steuer mit mehr moralischen Verhalten einhergeht als die indirekte Form des Emissionshandels“, erklärt MCC-Direktor Edenhofer. „Der Effekt ist beträchtlich, er könnte im politischen Ringen um eine möglichst effiziente Klimapolitik durchaus Gewicht bekommen.“

Um die beiden Varianten der CO2-Bepreisung zu simulieren, wird in dem Experiment eine vereinfachte Welt von Produzenten und politischen Entscheidern gebaut. Im Kern läuft es so: Zehn Produzenten legen unabhängig voneinander fest, wie viel Euro ihnen der Ausstoß einer Tonne CO2 maximal wert ist – wobei sich ihre Situation unterscheidet, denn der Ausstoß dieser Tonne CO2 bringt dem ersten Produzenten 3 Euro Ertrag, dem zweiten 4 Euro und so weiter bis 12 Euro. Welche Produzenten zum Zuge kommen und tatsächlich emittieren, hängt von den Entscheidern ab. Sie geben im einen Teil des Experiments vor, wieviel Tonnen CO2 insgesamt emittiert werden dürfen, und im anderen Teil, wie viel Euro der Ausstoß einer Tonne kosten soll. Am Ende wird den Produzenten der Ertrag minus Emissionskosten in echtem Geld ausgezahlt. Und jede nicht emittierte Tonne CO2 wird auch in der realen Welt vermieden, über eine Umweltorganisation wird nämlich ein Zertifikat im EU-Emissionshandelssystem gekauft und stillgelegt.

Mit mehreren Abwandlungen dieses Experiments führt die Studie detailliert vor, welche Anreize wirken. Sobald die Konsequenz „echter CO2-Ausstoß in der realen Welt“ bekannt ist, erlauben die Entscheider deutlich weniger Ausstoß, und die Produzenten engagieren sich auch weniger für eine solche Erlaubnis. Politisch bedeutsam ist das folgende, zentrale Ergebnis: Bei der Variante der direkten Bepreisung von CO2 durch eine Steuer – also wenn die Entscheider einen Euro-Betrag pro Tonne CO2 vorgeben und nicht die Anzahl der erlaubten Tonnen –, dann emittieren die Produzenten deutlich weniger.

„Insgesamt beobachten wir eine bemerkenswerte Bereitschaft zu über das rein ökonomische Kalkül hinausgehendem Klimaschutz“, resümiert Studien-Mitautor Edenhofer. „Diese Bereitschaft dürfen wir sicherlich nicht nur bei den Studenten in unserem Experiment unterstellen, sondern auch bei vielen Verantwortlichen in Industriebetrieben. Doch bei der indirekten CO2-Bepreisung über eine Mengensteuerung wird ein solcher freiwilliger Verzicht auf Emissionen tendenziell unterdrückt. Wenn ich mich zurückhalte, wird das Emissionsrecht eben durch jemand anderen ausgeübt, und es nützt unter dem Strich dem Klima nichts.“

Über Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) gGmbH

Das MCC erforscht nachhaltiges Wirtschaften sowie die Nutzung von Gemeinschaftsgütern wie globalen Umweltsystemen und sozialen Infrastrukturen vor dem Hintergrund des Klimawandels. Unsere sieben Arbeitsgruppen forschen zu den Themen Wirtschaftswachstum und -entwicklung, Ressourcen und Internationaler Handel, Städte und Infrastrukturen, Governance sowie wissenschaftliche Politikberatung. Das MCC ist eine gemeinsame Gründung der Stiftung Mercator und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK).

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