Regulierung öffentlicher Ladeinfrastruktur: BEM schlägt stärkere Verantwortung der Netzbetreiber vor

Der Bundesverband eMobilität (BEM) hat im Konsultationsverfahren der Bundesnetzagentur zur Weiterentwicklung der Netzzugangsbestimmungen im Strombereich die Bundesnetzagentur eine stärkere Einbindung der Netzbetreiber für die öffentliche Ladeinfrastruktur für Elektroautos vorgeschlagen. Damit der Markt zur Realisierung der Strom-Betankung floriert und Kostenvorteile für die Kunden generiert werden können, müssen nach Ansicht der Bundesnetzagentur Infrastruktur und Service getrennt werden. Ähnlich wie bei Schiene und Bahn oder Kabel und Telekommunikation braucht es in der Elektromobilität eine starke Infrastruktur, für die der Bundesverband in einer Stellungnahme jetzt die Netzbetreiber vorgeschlagen hat. 

Das bedeutet, dass die Verantwortlichkeit der Installation, des Anschlusses als auch der Netzintegration mit den ausreichenden erneuerbaren Energieanteilen in den Verantwortungsbereich der Energiebranche (Netzbetreiber) fällt und dazu verpflichtet, die Grundversorgung zu gewährleisten. Die Menge, die Auswahl der Ladepunkte sowie die Standorte sollen nach Ansicht des BEM in Absprache mit der Bundesnetzagentur und dem Markthochlauf abgestimmt und vereinbart werden. Dazu bedarf es eines Flächenplanes, der den urbanen und ländlichen Bereich als auch die Bedarfe der Schnellladefähigkeit für Langstrecken abdeckt. Die Netzbetreiber sollen ermächtigt werden, die notwendigen Kosten für Hardware, Planung, Installation und Netzanschluss durch eine allgemeine Netzentgeltumlage zu refinanzieren. Der Betrieb der Ladepunkte kann ausgeschrieben werden, der Zugang zum Betrieb ist schnittstellenunabhängig zur Verfügung zu stellen. Service- und Mietentgelte sind zulässig. 

Das BEM-Konzept folgt den gesetzlichen Vorgaben der EU. Auch die überarbeitete Strom-Binnenmarktrichtlinie (EU) 2019/944 sieht in Art. 33 Absatz 2 vor, dass die Netzbetreiber unter bestimmten Voraussetzungen nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens Ladepunkte entwickeln, verwalten oder betreiben dürfen. Insofern ist der Gesetzgeber gefragt, diese europäischen Vorgaben wie auch die Vorgaben der Richtlinie 2014/94/EU über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFI-Richtlinie) entsprechend umzusetzen. Der BEM grenzt sich zu Modellen ab, wonach ausschließlich etwa Automobilhersteller bzw. Stromanbieter die Infrastruktur betreiben. Durch ihre Tätigkeit sieht der Mobilitätsverband die Gefahr, dass es zu Abgrenzungen gegenüber Nichtkunden und zu monopolartigen Preisaufschlägen an wichtigen Knotenpunkten kommen kann. Gleichzeitig könnte auch der flächendeckende Aufbau von Ladeinfrastruktur gefährdet sein, da solche Anbieter Ladepunkte nur dort errichten, wo sie Gewinn versprechen. 

Nach Ansicht des BEM sollte das Ziel darin liegen, dass jedes e-Fahrzeug an jedem öffentlichen Ladepunkt in Deutschland mit maximaler Preistransparenz und diskriminierungsfrei bei Stecker, Zahlungsmittel und Zugang während eines Ad-hoc-Ladevorgangs (nicht zwingend mit App) Strom bekommen kann. Insgesamt sieht der Verband in den kommenden zehn Jahren einen zusätzlichen Bedarf von 400.000 Ladepunkten neben den derzeit rund 28.000 Ladepunkten. Der dafür erforderliche Investitionsbedarf liegt bei rund 9,3 Milliarden Euro.

„Was sich nach viel Geld anhört, ist im Vergleich zu anderen Infrastrukturprojekten ein kostengünstiger und vertretbarer Aufwand“, sagte Kurt Sigl, Präsident des Bundesverbandes eMobilität am Dienstag zur Stellungnahme. „Allein die jährlichen Subventionen für Diesel von rund 7 Mrd. Euro würden genügen, um der Elektromobilität zum Durchstarten zu verhelfen. Diese neue Mittelverwendung für die Ladeinfrastruktur wäre eine kluge und auch fällige Investition, um den Konflikt aus CO2-Besteuerung und subventioniertem Kraftstoff-Verbrauch endlich zu lösen.“ 

„Die Ladesäule verbindet die bislang getrennten Branchen Automobilität und Energiewirtschaft in völlig neuer Art und Weise, wodurch ein Markt entsteht, der klug organisiert sein will“, so Markus Emmert, Arbeitsgruppenleiter beim BEM. „Die Elektromobilität sollte sich wie jede andere Technologie wirtschaftlich selbstständig tragen und solide Geschäftsmodelle schaffen, weshalb den Rahmenbedingungen des Marktes eine zentrale Rolle zukommt.“ 

Neben der Bundesnetzagentur beschäftigt sich seit letzter Woche auch das Bundeskartellamt mit der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. In der noch frühen Phase der Marktentwicklung will die Aufsichtsbehörde strukturelle Wettbewerbsprobleme identifizieren, um Beitrag zu einem erfolgreichen Ausbau zu leisten. Der BEM begrüßte die eingeleitete Sektorenuntersuchung ausdrücklich.

Über den BEM / Bundesverband eMobilität e.V.

Der Bundesverband eMobilität (BEM) ist ein Zusammenschluss von Unternehmen, Institutionen, Wissenschaftlern und Anwendern aus dem Bereich der Elektromobilität, die sich dafür einsetzen, die Mobilität in Deutschland auf Basis Erneuerbarer Energien auf Elektromobilität umzustellen. Zu den Aufgaben des BEM gehört die aktive Vernetzung von Wirtschaftsakteuren für die Entwicklung nachhaltiger und intermodaler Mobilitätslösungen, die Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Ausbau der eMobilität und die Durchsetzung von mehr Chancengleichheit bei der Umstellung auf emissionsarme Antriebskonzepte. Der Verband wurde 2009 gegründet. Er organisiert 300 Mitgliedsunternehmen, die ein jährliches Umsatzvolumen von über 100 Milliarden Euro verzeichnen und über eine Million Mitarbeiter weltweit beschäftigen.

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