Attraktivität des Öffentlichen Gesundheitsdienstes erhöhen

Im Vorfeld des 79. Bayerischen Ärztetages begrüßte Dr. Andreas Botzlar, Vizepräsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK), den Anfang September von den Gesundheitsministern von Bund und Ländern beschlossenen Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD). Jetzt müssten die Voraussetzungen für die notwendige Aufstockung des Personals geschaffen sowie Schritte eingeleitet werden, um eine Tätigkeit beim ÖGD für Ärztinnen und Ärzte attraktiver zu gestalten.

„Dieser Pakt ist ein wichtiger Meilenstein für den seit Jahrzehnten finanziell ausgebluteten und personell stark ausgedünnten Öffentlichen Gesundheitsdienst. Er kann die Grundlage dafür schaffen, dass der ÖGD seine vielfältigen Aufgaben zukünftig besser erfüllen kann“, so Botzlar.

Über den Pakt sollen im ÖGD bis Ende 2022 5.000 neue Stellen ausgeschrieben und mit Ärztinnen und Ärzten sowie Fach- und Verwaltungspersonal besetzt werden. Darüber hinaus soll in die Digitalisierung der Gesundheitsbehörden investiert werden. Außerdem sieht der Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz bisher nicht exakt definierte finanzielle Mittel für eine bessere Bezahlung des ÖGD-Personals vor. „Insbesondere aufgrund der hohen Bedeutung des ÖGD für die Pandemiebekämpfung müssen die im Rahmen des Pakts skizzierten Maßnahmen vom Bund, vom Freistaat Bayern sowie von den bayerischen Kommunen rasch konkretisiert und schnell umgesetzt werden“, betonte Botzlar. Aufgrund des hohen Bedarfs an Ärzten im ÖGD müsse außerdem sichergestellt sein, dass die Mehrzahl der neuen Stellen auch tatsächlich mit ärztlichem Personal besetzt werde. Dies könne allerdings nur realisiert werden, wenn die Attraktivität des ÖGD drastisch erhöht werde.

„Ärzte im ÖGD sind keine Verwaltungsangestellten, sondern Fachärzte, die wichtige Aufgaben für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung wahrnehmen. Es ist deshalb unverständlich, warum angestellte Ärztinnen und Ärzte im ÖGD noch immer wesentlich schlechter bezahlt werden als ihre Kolleginnen und Kollegen bei Begutachtungsstellen oder in Krankenhäusern“, ergänzte der Vizepräsident. Dies führe einerseits zu Abwanderungen von Ärzten aus dem ÖGD und demotiviere andererseits mögliche Bewerber. „Nur neue Stellen auszuschreiben ist insofern zu wenig, denn man wird nicht viele Ärzte finden, die bereit sind, zur derzeitigen Bezahlung für den ÖGD zu arbeiten“, so Botzlar.

„Im Zuge der Umsetzung des Pakts für den ÖGD sollten insofern – analog zur Praxis in Krankenhäusern – arztspezifische Tarifverträge mit den Ärztinnen und Ärzten, welche im ÖGD beschäftigt sind, abgeschlossen werden. Dabei sollten selbstverständlich die verschiedenen Verantwortungsebenen im Rahmen von ausdifferenzierten Entgeltgruppen adäquat abgebildet werden. Nur so wird es möglich werden, jungen Fachärztinnen und Fachärzten im ÖGD ähnliche Zukunftsperspektiven wie in anderen Institutionen zu eröffnen und damit neue Bewerber zu gewinnen und bereits im ÖGD tätige Mitarbeiter zu halten“, führte Botzlar weiter aus. Rein temporäre Zulagen seien dazu keine Alternative.

Versorgungskapazitäten für Krisenfälle vorhalten und finanzieren

Außerdem forderte der Vizepräsident eine Reform der Krankenhausfinanzierung: „Die Vergütung von Kliniken sollte sich dauerhaft nach dem Versorgungsbedarf und den angemessenen Vorhaltekosten für Infrastruktur, Personal und Technik richten und nicht nach der Zahl der behandelten Fälle. So wird unser Gesundheitssystem in die Lage versetzt, akute Krisensituationen auch in Zukunft stemmen zu können,“ erläuterte der Vizepräsident. Zu Beginn der Corona-Pandemie habe die im Vergleich zu anderen Ländern höhere Anzahl an Krankenhäusern und Krankenhausbetten, insbesondere Intensivbetten, mit dazu beigetragen, dass Deutschland eine auffallend geringe Mortalität zu verzeichnen gehabt habe. Die Vorhaltung solcher bedarfsnotwendigen Einrichtungen sei allerdings kostspielig. Im Zuge der Pandemie hatten die Krankenhäuser im Rahmen des Covid- 19-Krankenhausentlastungsgesetzes deshalb finanzielle Mittel erhalten, um Versorgungskapazitäten für eine wachsende Anzahl von Patienten mit einer Coronavirus-Infektion bereitzustellen.

„Dadurch wurde die Krankenhausfinanzierung auf völlig neue Beine gestellt, es wurde Geld für freie Kapazitäten anstatt für behandelte Fälle bezahlt“, erklärte Botzlar. Leider sei diese Form der Finanzierung nur von vorübergehender Dauer gewesen. Normalerweise werde die aufnahmebereite Vorhaltung bedarfsnotwendiger Einrichtungen der Daseinsvorsorge wie von Kreißsälen oder Intensivstationen eben nicht vergütet. Stattdessen bekämen Krankenhäuser zur Deckung der angefallenen Betriebskosten pro Patient beziehungsweise Krankenhausfall einen pauschalen Euro-Betrag von der Krankenkasse des Patienten, die sogenannte Fallpauschale, überwiesen. „Eine geringe Auslastung bedarfsnotwendiger Einrichtungen kann bei Krankenhäusern deshalb schnell zu finanziellen Engpässen führen“, führte Botzlar weiter aus.

Positionspapier Gesundheitsversorgung Bayern 2025

Überdies erläuterte Botzlar, dass die Delegierten des 79. Bayerischen Ärztetags voraussichtlich über einen Entschließungsantrag unter dem Titel „Positionspapier Gesundheitsversorgung Bayern 2025“ debattieren würden. Darin werde unter anderem postuliert, dass eine Refinanzierung von Kosten für infrastrukturelle und personelle Vorhaltung und Investitionen unabhängig von erbrachten Leistungen eine Flucht der Krankenhäuser in die Mengenausweitung ersparen könne. „Des Weiteren soll es im Zuge der Diskussion des Antrags einen offenen Dialog darüber geben, wie wichtig die Schwerpunktbildung von Krankenhäusern im Vergleich zu deren schneller Erreichbarkeit ist“, so Botzlar. Auch das Thema Datenschutz in der Medizin werde im Rahmen des Positionspapiers angesprochen. „Beim Datenschutz ist stets eine rationale Abwägung von Nutzen und Risiko notwendig. Im Notfall kann künftig etwa der rasche Einblick in die vollständige elektronische Patientenakte auch das Leben von nicht einwilligungsfähigen Patienten retten“, erklärte der Vizepräsident. Ausgearbeitet haben das Papier die Mitglieder der Ausschüsse „Angestellte Ärztinnen und Ärzte“ und „Ambulantstationäre Versorgung“ der BLÄK.

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