Scheitert Art. 17 der Urheberrechtsreform auf den letzten Metern?

In Deutschland ist der Regierungsentwurf zur Umsetzung von Art. 17 der EU-Urheberrechtsreform bereits auf dem Weg. In diesen Tagen soll das Kabinett darüber abstimmen, mit welchen Mechanismen YouTube künftig Uploadfilter einsetzen wird. Auf der Zielgeraden könnte die Reform nun aber teilweise doch nochmal kippen. Am heutigen Dienstag wird vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) über eine Nichtigkeitsklage Polens gegen Art. 17 verhandelt. Ein Hoffnungsschimmer für die Meinungsfreiheit im Internet? Rechtsanwalt Christian Solmecke analysiert das Verfahren:

 „Der eine oder andere mag sich infolge der Urheberrechtsreform schon mit einer scharfen Regulierung der Meinungs- und Informationsfreiheit auf YouTube abgefunden haben. Aber das heutige Verfahren kann alles nochmal auf den Kopf stellen. Wenn Polen mit seiner Nichtigkeitsklage Erfolg hat, können die Upload-Filter auf YouTube erstmal nicht durchgesetzt werden. Auch die Gesetzgebungsverfahren in den Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Richtlinie würden sich erübrigen. Der EuGH hat bereits 2012 einmal entschieden, dass man aufgrund der Einschränkung der Informationsfreiheit ein soziales Netzwerk nicht zur Vorab-Filterung von Inhalten verpflichten kann. Deshalb dürfen wir darauf gespannt sein, wie er nun Stellung beziehen wird.“

Polen zog bereits im Mai 2019 vor den EuGH

Im Frühjahr 2019 gingen Kritiker der Urheberrechtsreform zu Zehntausenden auf die Straße, um dagegen zu demonstrieren. Auch unsere Kanzlei veröffentlichte damals eine kritische Stellungnahme zur EU-Urheberrechtsnovelle. Doch der EU-Gesetzgeber war nicht von seinen Reformplänen abzubringen. Nachdem Art. 17 Mitte April dann beschlossene Sache war, wollte es unser osteuropäischer Nachbar nochmal genau wissen. Am 24. Mai 2019 reichte Polen eine Nichtigkeitsklage gegen Art. 17 Abs. 4 der Urheberrechtsrichtlinie ein.

Art. 17 nicht mit EU-Grundrechtecharta vereinbar

„Die Urheberrechtsrichtlinie sei eine unverhältnismäßige Maßnahme, die die Zensur fördere und die Meinungsfreiheit gefährde“, begründete die Kanzlei des polnischen Ministerpräsident Mateusz Morawiecki die Klage. Die Richtlinie gewährleiste keine Balance zwischen dem Schutz der Rechteinhaber einerseits und den Interessen der EU-Bürger und der EU-Unternehmen andererseits. Ebenso gewährleiste die Richtlinie keine Rechtsklarheit, sondern fördere die Rechtsunsicherheit für Betroffene und gefährde die Rechte aller EU-Bürger. Die EU-Urheberrechtsreform könne negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des digitalen Binnenmarktes für Europäer haben und es bestehe die eklatante Gefahr, dass sie im Ergebnis vielmehr Innovationen behindere, anstatt diese zu fördern.

Rechtsanwalt Christian Solmecke zur Kritik an der Urheberrechtsreform: „Das Vorab-Filtern gerade auch von legalen Inhalten ist meiner Ansicht nach unverhältnismäßig und ein nicht gerechtfertigter Eingriff in die Kommunikationsgrundrechte der EU-Grundrechtecharta.

Schließlich beeinträchtigt die Verpflichtung, Upload-Filter einzurichten, auch die unternehmerische Freiheit, da teure und komplizierte Informatiksysteme dafür notwendig sind.

Insgesamt wird durch eine Verpflichtung zur Einrichtung von Upload-Filtern das Erfordernis nicht beachtet, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Urheberrecht einerseits und der unternehmerischen Freiheit, dem Recht auf den Schutz personenbezogener Daten und dem Recht auf freien Empfang oder freie Sendung von Informationen andererseits zu gewährleisten.“

Welche Folgen hätte ein positives Urteil des EuGH? 

Sollte die Nichtigkeitsklage Polens erfolgreich sein, würde der EuGH Art. 17 insgesamt oder einen Teil davon aufheben. Der für nichtig erklärte Artikel würde dann als von Anfang an nicht existent gelten. Dies wäre ein Desaster für alle Befürworter und ein später Erfolg für alle Kritiker.

Auch die nationalen Regelungen, welche gerade in Arbeit sind, könnten dann in der aktuellen Form nie geltendes Recht werden. In einem solchen Fall müsste der Gesetzgebungsprozess höchstwahrscheinlich erneut anlaufen. Es müsste unter Beachtung der Vorgaben des EuGH eine neue Lösung geschaffen werden.

Rechtsanwalt Christian Solmecke:“ Wir werden die heutige Verhandlung mit Spannung verfolgen. In den nächsten Wochen werden dann die Schlussanträge des Generalanwalts am EuGH und ein Urteil erwartet. Gegen dieses gibt es übrigens kein Rechtsmittel. Ein Urteil des EuGH wäre sofort rechtskräftig.“

Über Wilde Beuger Solmecke Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Die Kölner Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE hat sich auf die Beratung der Online- und Medienbranche spezialisiert. Insgesamt arbeiten in der Kanzlei 20 Anwälte. Rechtsanwalt Christian Solmecke hat in den vergangenen Jahren den Bereich Internetrecht/E-Commerce sowie die Bereiche Verkehrsrecht und Datenschutzrecht stetig ausgebaut. Gemeinsam mit seinem Team vertritt er zahlreiche betroffene Kunden rund um den Abgasskandal. Darüber hinaus betreut er zahlreiche Medienschaffende und Web 2.0 Plattformen.

Neben seiner Kanzleitätigkeit ist Christian Solmecke auch Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Kommunikation und Recht im Internet (DIKRI) an der Cologne Business School (http://www.dikri.de). Dort beschäftigt er sich insbesondere mit den Rechtsfragen in Sozialen Netzen. Vor seiner Tätigkeit als Anwalt arbeitete Solmecke mehrere Jahre als Journalist für den Westdeutschen Rundfunk und andere Medien.

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