Credendo sieht große Verwerfungen im Energiesektor

Die russische Invasion der Ukraine hat die Produktion in vielen verschiedenen Branchen gestört, sich durch die Lieferketten ausgebreitet und zu großen Preissteigerungen geführt, während das Unglwichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zugenommen hat. Zu diesem Schluss kommt der europäische Kreditversicherer Credendo. Demnach ist der Energiesektor einer der am stärksten betroffenen Sektoren mit wohl auch mittel- bis langfristigen Folgen. 

Da Russland rund 16 % des weltweiten Erdgases und 11 % des Öls liefert, wird die globale Energieversorgung durch internationale Sanktionen gegen russisches Öl und Gas und freiwillige Verschiebungen der Nachfrage gestört. Während die USA und Großbritannien als erste Länder die Öl- und Gasimporte aus Russland schrittweise untersagten, beschloss die EU im Mai, die Seelieferungen russischer Öl- und Mineralölprodukte auslaufen zu lassen, was etwa 90 % der gesamten Ölimporte aus Russland betrifft. Bis Ende des Jahres möchte die EU den Import russischen Öls auf dem Seeweg komplett eliminieren. Darüber hinaus haben sich die EU und Großbritannien auf ein koordiniertes Verbot der Versicherung von Schiffen geeinigt, die russisches Öl befördern. Zu den weiteren wichtigen Entwicklungen im Gasbereich gehört die Entscheidung Russlands, die Lieferungen an bestimmte EU-Länder einzustellen, die sich weigern, Gaszahlungen in Rubel zu leisten. 

Neben erheblichen Preissteigerungen für Öl und Gas beobachtet Credendo eine Erschütterung der Märkte für fossile Brennstoffe, nachdem es an Investitionen, insbesondere für Öl, gemangelt hat. Der Kreditversicherer erwartet eine groß angelegte Neuorientierung der Handelsströme.

Beim Öl ist es Russland bislang gelungen, den Nachfragerückgang aus dem Westen mit höheren Verkäufen an China, Indien und die Türkei zu kompensieren oder sogar überzukompensieren. Dieser Trend könnte sich noch verstärken. In der Praxis sieht Credendo aber auch Probleme. So fehlt es Raffinerien vieler asiatischer Schwellenländer an der Komplexität, um Russlands sauren Ural-Grad zu handhaben. Die EU versucht, russisches Öl durch Importe insbesondere aus dem Nahen Osten zu ersetzen, mit ähnlichen technischen Schwierigkeiten. 

Die Verfügbarkeit von russischem Gas in Europa ist gefährdet, wenn Russland beschließt, alle Exporte auszusetzen oder die EU ein Komplettembargo verhängt. Ein sofortiger vollständiger Lieferstopp wäre ein herber Schlag für Europa und insbesondere für Deutschland. Der World Economic Outlook des IWF für April deutet darauf hin, dass der BIP-Verlust im Jahr 2023 für die EU etwa 3 % betragen könnte. Je nach Anteil der russischen Gasimporte wären die einzelnen Länder unterschiedlich betroffen. Da Deutschland aber der industrielle Motor der Wirtschaft der Eurozone ist, hätte ein Rückgang der Wirtschaftsleistung auch indirekte Auswirkungen auf andere EU-Staaten. Neben alternativen Bezugsquellen oder Energiearten wäre im nächsten Winter auch eine erhebliche Reduzierung der Nachfrage erforderlich, um den Verlust an russischem Gas auszugleichen. Für den Industriesektor würde dies wohl Produktionskürzungen, steigende Kosten und Anpassungen der Produktionsprozesse bedeuten. 

Selbst bei Umsetzung des "REPower EU"-Plans der Europäischen Kommission, der die Abhängigkeit von russischem Gas schrittweise verringern soll, würde die Wirtschaftstätigkeit der Region beeinträchtigt. Der Plan soll die Reduzierung der russischen Gasimporte bis Jahresende um zwei Drittel ermöglichen, indem die Lieferungen aus anderen Quellen gesteigert und die Nachfrage nach Gas veringert wird. Die größte Energiequelle im EU-Plan ist der Import von LNG, das ein Drittel des russischen Gases ersetzen soll. 

Von einer Erhöhung der LNG-Importe würden insbesondere Australien, die USA und Katar profitieren. Zur Umsetzung des Plans sind nach Analyse von Credendo aber viele Hürden zu überwinden, die von der Robustheit der Gasinfrastruktur bis zur regionalen Verteilung der LNG-Terminals und Pipelines reichen. Hinzu kommt die Frage, ob es überhaupt LNG-Lieferungen in der gewünschten Größenordnung geben wird. Die erwartete Menge von 50 Milliarden Kubikmeter LNG erscheinen unrealistisch. Energieexperten warnen, dass schmerzhafte Folgen, nämlich Energierationierung und Stromausfälle in diesem Winter, fast unvermeidlich sind, wenn Europa an dem Plan festhalten will. 

Aus russischer Sicht, ist es bei Gas schwieriger als bei Öl, alternative Abnehmer zu finden, da der Gasmarkt regionaler ist. Der Transit von Erdgas durch Pipelines ist nicht flexibel, und die LNG-Produktionskapazität Russlands hinkt der anderer Länder weit hinterher. Eine Abkehr von Europa nach Asien und insbesondere nach China (im Februar kündigten Moskau und Peking einen 30-Jahres-Vertrag an) wird zwar erwartet, wird aber die europäische Nachfrage nur schwer komplett ersetzen können. Anpassungsprojekte würden eine massive Finanzierung erfordern.  

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