Sicherheitsrisiko durch überforderte Waffenbehörden

Waffenbesitzer werden in Deutschland kaum kontrolliert. Das geht aus einer Umfrage des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" unter allen Waffenbehörden hervor. Dabei sollen diese seit dem Amoklauf in Winnenden 2009 mit 15 Toten unangekündigt überprüfen, ob Sportschützen und Jäger ihre Waffen sicher aufbewahren. Denn im Fall Winnenden hatte der Täter ohne Probleme die Waffe aus dem Schlafzimmer der Eltern holen können. Das Ergebnis der Umfrage: 41,2 Jahre – so lange würde es rechnerisch dauern, bis die Behörden alle Waffenbesitzer bundesweit einmal kontrolliert haben. In einigen Bundesländern dauert es im Schnitt sogar mehrere hundert Jahre. Experten sprechen von einem Sicherheitsrisiko.

Große Unterschiede zwischen Bundesländern

Für die Umfrage hat das ARD-Politikmagazin die 513 Waffenbehörden befragt, wie oft diese ihre Waffenbesitzer im Jahr 2021 kontrolliert hatten. Gut die Hälfte machte vollständige Angaben. Zwischen den Bundesländern gibt es deutliche Unterschiede. Im Verhältnis zu den angemeldeten Waffenbesitzern machen die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern die meisten Kontrollen. Dort würde es acht Jahre dauern, alle zu überprüfen. In Baden-Württemberg wären es 19 Jahre, in Rheinland-Pfalz 94, Niedersachen 131. Berlin schneidet am schlechtesten ab: Dort sind es 360 Jahre. Die Berliner Waffenbehörde teilte gegenüber "Report Mainz" mit, wegen Corona habe man die Kontrollen vorübergehend zurückgefahren. Jetzt werde wieder mehr kontrolliert. Doch auch vor Corona wäre ein Waffenbesitzer im Schnitt erst nach mehreren Jahrzehnten kontrolliert worden. Das ergeben Zahlen, die die Behörde "Report Mainz" ebenfalls mitgeteilt hat. Auch andere Behörden verweisen auf die Pandemie.

Gewerkschaft der Polizei: "Ergebnis ist erschreckend"

Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Michael Mertens, bezeichnet das Ergebnis als erschreckend. Im Interview mit "Report Mainz" sagte er: "Die hohen Kontrollintervalle sind fast schon lächerlich. Da kann ich nur den Schluss ziehen: Die Politik will gar nicht, dass mehr kontrolliert wird." Sonst, so Mertens, würde man mehr Geld in Personal investieren. "Weniger Kontrollen bedeuten ein Sicherheitsrisiko und damit auch ein Risiko für uns alle", so Mertens.

Nach Recherchen von "Report Mainz" haben einzelne Landkreise allerdings Personal aufgestockt, etwa der Bodenseekreis in Baden-Württemberg. Dort werden die Waffenbehörden seit einigen Jahren durch pensionierte Polizisten unterstützt. Mit Erfolg: Im Jahr 2021 schaffte die Waffenbehörde dort 347 Kontrollen und schneidet so bundesweit mit am besten ab: Bei diesem Tempo würde es viereinhalb Jahre dauern, bis alle Waffenbesitzer kontrolliert wären.

Grüner Innenpolitiker sieht Handlungsbedarf der Ampel-Koalition

Angesichts der im Bundesschnitt niedrigen Kontrollintervalle sieht der Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich dringenden Handlungsbedarf und das auch von der eigenen Ampelkoalition: "Ich halte es für sehr wichtig, dass der Bund die Verantwortung übernimmt und die Länder finanziell und am Ende personell unterstützt", so Emmerich gegenüber "Report Mainz". Nur so könne man sicherstellen, dass die Behörden häufiger kontrollieren.

Das Bundesinnenministerium sieht das anders. Gegenüber "Report Mainz" teilte eine Sprecherin mit, für den Vollzug des Waffengesetzes und die Aufbewahrungskontrollen seien die Länder zuständig.

Mehr zum Thema im "Report Mainz"-Feature: "Waffen für alle – neuer Lifestyle in Deutschland?" am Dienstag, 4. Oktober, 21:45 Uhr im Ersten und danach in der ARD Mediathek.

Weitere Informationen auf der Internet-Seite https://www.swr.de/report/

und auf http://swr.li/report-mainz-umfrage-waffenbehörden-bei-kontrollen-überfordert

Zitate gegen Quellenangabe "Report Mainz" frei.

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Südwestrundfunk
Neckarstraße 230
70190 Stuttgart
Telefon: +49 (711) 929-0
Telefax: +49 (711) 92911300
http://www.swr.de

Ansprechpartner:
Redaktion "Report Mainz"
Telefon: +49 (6131) 929-33351
E-Mail: kommunikation@swr.de
Für die oben stehende Pressemitteilung ist allein der jeweils angegebene Herausgeber (siehe Firmenkontakt oben) verantwortlich. Dieser ist in der Regel auch Urheber des Pressetextes, sowie der angehängten Bild-, Ton-, Video-, Medien- und Informationsmaterialien. Die United News Network GmbH übernimmt keine Haftung für die Korrektheit oder Vollständigkeit der dargestellten Meldung. Auch bei Übertragungsfehlern oder anderen Störungen haftet sie nur im Fall von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Die Nutzung von hier archivierten Informationen zur Eigeninformation und redaktionellen Weiterverarbeitung ist in der Regel kostenfrei. Bitte klären Sie vor einer Weiterverwendung urheberrechtliche Fragen mit dem angegebenen Herausgeber. Eine systematische Speicherung dieser Daten sowie die Verwendung auch von Teilen dieses Datenbankwerks sind nur mit schriftlicher Genehmigung durch die United News Network GmbH gestattet.

counterpixel