Die neue Bundesregierung ist nicht einmal 100 Tage im Amt, hat aber bereits mit dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz sowie dem neuen Haushalt richtige Signale gesetzt. Bei der Vollversammlung der Handwerkskammer Region Stuttgart am Montag waren die politischen Investitionspakete Thema. Kammerpräsident Rainer Reichhold zeigte sich zwiegespalten: „Es ist gut, dass die neue Bundesregierung die Notwendigkeit sieht, den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder zu stärken und bereits erste große Pakete auf den Weg gebracht hat. Doch das Bereitstellen von finanziellen Mitteln allein sichert nicht die Wettbewerbsfähigkeit.“
Für die Unterstützung des Mittelstands seien im neuen Haushaltsplan 1,13 Milliarden Euro eingeplant. Das Geld solle vor allem im Bereich der Zuweisungen für betriebliche Investitionen, wirtschaftsnahe Infrastrukturmaßnahmen und Unternehmensgründungen Verwendung finden. „Das sind alles gute Ideen. Doch bisher ist nicht klar, wo die geplanten Milliarden genau hingehen und wie sie dann genutzt werden sollen“, kritisiert Peter Friedrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer. Er fordert daher: „Wir brauchen mehr Klarheit und konkrete Maßnahmen, damit das Geld auch wirklich bei den Unternehmen ankommt.“
Echte Unterstützung des Mittelstands
Die Unterstützung des Mittelstands dürfe nicht nur auf dem Papier stehen, mahnt auch Handwerkspräsident Reichhold. „Mit dem Ausbleiben der Stromsteuersenkung für alle hat die Bundesregierung bereits einiges Vertrauen verspielt. Es braucht jetzt stetige, verlässliche Verbesserungen und Entlastungen.“
Es gehe aber nicht nur darum, das Geld in die richtigen Bahnen zu lenken. Es brauche auch den Mut, notwendige Reformen anzugehen, beispielsweise bei der überbordenden Bürokratie. „Viele Betriebe ersticken in der Last der steigenden Auflagen. In kleinen Betrieben bleibt es in der Regel an den Chefs hängen, was dazu führt, dass sie ihr eigentliches Handwerk kaum noch ausüben können“, weiß Peter Friedrich.
Auch eine höhere Verlässlichkeit in der Gesetzgebung sei wichtig. „Gerade im Energiebereich beobachten wir, dass sowohl die Betriebe als auch die Kundinnen und Kunden weiter abwarten, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht. Das lähmt die Wirtschaft und verzögert die Investitionen“, so der Kammerchef. Die Koalition wäre gut beraten, das Gebäudeenergiegesetz schnellstmöglich anzupassen, statt durch eine politische Hängepartie weiter Zeit und Aufträge zu verspielen. „Die im Koalitionsvertrag formulierte ‚Abschaffung des Heizungsgesetzes‘, nur um dann gleich ein Neues nachzuschieben, ist sehr teuer erkaufte Symbolik“, so Friedrich weiter.
Die Erwartungen an die Bundesregierung seien hoch, nachdem sie den wirtschaftlichen Aufschwung angekündigt habe. „Jetzt geht es an die konkrete Umsetzung. Wir werden die weiteren Entwicklungen beobachten und immer wieder auf die Bedürfnisse des Handwerks hinweisen, damit auch die Betriebe wieder wachsen können“, fasst Rainer Reichhold am Montag in der Vollversammlung zusammen.
Die Handwerkskammer Region Stuttgart fordert:
- schneller Abschluss des gesetzgeberischen Prozesses, damit Betriebe schnellstmöglich entlastet werden
- handwerksfreundliche Vergaberegeln insbesondere für Infrastrukturinvestitionen
- Erarbeitung eines energiepolitischen Gesamtkonzepts
- Reduzierung der Dokumentationspflichten für Mittelstand und Handwerk
- Ausrichtung der Arbeitsmarktpolitik auch auf die Bedürfnisse kleiner Betriebe
Welche weiteren Forderungen das Handwerk unter anderem zu den Themen Bürokratiebelastung, Fachkräftesicherung und Außenhandel stellt, kann im handwerkspolitischen Bericht nachgelesen werden: https://www.hwk-stuttgart.de/hwpb-07-25
Hintergrundinformation
Die ehrenamtlich tätige Vollversammlung ist das oberste Entscheidungsorgan der Handwerkskammer. Sie wird alle fünf Jahre von den Mitgliedern gewählt. Sie setzt sich aus 39 Delegierten zusammen, 13 sind Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmergruppe, 26 Mitgliederinnen und Mitglieder vertreten das selbstständige Handwerk und das handwerksähnliche Gewerbe. Sie bestimmen maßgeblich die Grundsatzentscheidungen der Handwerkskammer und üben das Budgetrecht aus. Im Einzelnen entscheidet die Vollversammlung unter anderem über den Haushaltsplan, die Haushaltssatzung, die Grundbeiträge und den Umlagesatz. Außerdem wählt die Vollversammlung aus ihrer Mitte den Präsidenten, die Vizepräsidenten, den Vorstand und die Ausschussmitglieder.
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