So werden Lasten nicht zur Last

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Dienstag, Juli 22, 2025
„Gleich mehrere OEMs klopften in diesem Fall bei uns an“ berichtet Dirk Stier, Vertriebsleiter der GL GmbH Metall- und Werkstatttechnik. Die Konstrukteure aus Frickenhausen sind bekannt für ihre zuverlässigen und benutzerfreundlichen Geräte für Kfz-Werkstätten. Daher verlassen sich auch namhafte Automobilhersteller gerne auf den Erfindergeist der Schwaben. Bei den Anfragen geht es um einen neuen Getriebeheber, der besser, ergonomischer und sicherer als bisherige Hebezeuge sein soll. Nur die Rahmenbedingungen werden definiert, doch das reicht für die erfahrenen Entwickler aus. „Wir hatten zu diesem Zeitpunkt schon ein Bild des neuen Getriebehebers vor Augen. Allerdings wussten wir nicht, ob und wie es sich hydraulisch umsetzen lässt“, erzählt Stier. Dafür holen sich die GL-Konstrukteure Entwicklungspartner Bott ins Boot. Denn die Mössinger Hydrauliker sind nicht nur Experten in ihrem Fach, sondern haben auch ein hervorragendes Gespür für die Anwenderseite. Gezielt hinterfragen sie Arbeitsabläufe und Zielsetzung und erarbeiten gemeinsam mit GL die Anforderungen an die Zylindereinheit. So wird aus „besser, sicherer und ergonomischer“ ein klar umrissenes Lastenheft für einen außergewöhnlichen Getriebeheber.
Kraftsparend schrauben statt pumpen
Mobile Getriebeheber übernehmen bei Wartungs- und Reparaturarbeiten im Motorraum eines Fahrzeuges im wahrsten Sinne des Wortes eine tragende Rolle. Mit ihnen wird das Getriebe während des Ausbaus gestützt, anschließend abgesenkt und nach unten aus dem Motorraum entnommen, innerhalb der Werkstatt transportiert und nach getaner Arbeit für den Einbau wieder von unten in den Motorraum gehoben. Sämtlichen Arbeitsschritte müssen möglichst sicher vonstattengehen. Doch bisher plagen sich Monteure oft mit Hand- oder Fußpumpen ab, mit deren Hilfe sie die Last häppchenweise in die Höhe pumpen, denn schnell und druckluftunterstützt fahren gängige Hydraulikzylinder nur ohne Last aus. Auch beim Absenken und Manövrieren der schweren Bauteile ist große Sorgfalt geboten, damit das gesamte Konstrukt weder kippt noch an Druckluftschläuchen hängen bleibt.
„Das wollten wir natürlich besser lösen“ berichtet Markus Haist, Prokurist und Verantwortlicher für Vertrieb und Technik der Wolfgang Bott GmbH & Co. KG. Warum also den Hydraulikzylinder nicht völlig autark, vom Druckluftnetz unabhängig und auch bei Belastung schnell und ohne manuellen Krafteinsatz betreiben? Kurzerhand bringen die Experten von Bott die Idee ins Spiel, die Hydropumpe mithilfe eines Akkuschraubers anzutreiben. Der Ansatz ist grundsätzlich nicht unbekannt, doch bisher hat sich noch niemand daran gewagt, diese Betriebsart industriell und für den Schnellhub unter Last einzusetzen. Ein handelsüblicher Akkuschrauber ist normalerweise in jeder Werkstatt zur Hand und im Vergleich zum Druckluftbetrieb arbeitet er energieoptimiert und ist unabhängig von einer stationären Energieversorgung.
Ein Prototyp wird gebaut, in dessen Inneren die von Bott entwickelte, Zylindereinheit steckt. Abhängig von der Drehzahl des Akkuschraubers funktioniert der Schnellhub damit auch unter der zuvor definierten Maximallast. Schon bei diesem Modell sind für den Feinhub und das Absenken des Zylinders zwei Pedale integriert, damit beide Hände während des Bedienens frei bleiben. Nach dem Bau des ersten Mustergerätes ziehen die Entwickler zusätzlich die Expertise des zuständigen TÜVs zu Rate. Schließlich steht am Ende des Projekts die Prüfung und Freigabe an. Doch das Gespräch mit den Sachverständigen des TÜV bringt zusätzliche, für die Hydrauliker bisher unbekannte Anforderungen ans Licht.
Getriebe liegen nie wirklich mittig auf
Zwar zeigen die ersten Tests mit dem Prototyp, wie zuverlässig der Lastenheber insgesamt und der Schnellhub im Speziellen arbeitet. Allerdings war man bisher von einer relativ gleichmäßigen Beladung des Zylinders ausgegangen. Doch Getriebe liegen in der Praxis nie wirklich mittig auf der Aufnahme eines Getriebehebers, selbst wenn sie sorgfältig positioniert werden. Eine Tatsache, die im Werkstattalltag so selbstverständlich ist, dass man schlicht versäumt hatte, sie zu erwähnen. „Aus hydraulischer Sicht ist das beinahe eine Katastrophe“ erklärt Markus Haist. Denn Hydraulikzylinder sind nicht für übermäßige Querkräfte geeignet und können bei zu hoher exzentrischer Belastung verklemmen. Ein Sicherheitsproblem, das es zu lösen gilt und die Hydraulikspezialisten natürlich zusätzlich anspornt.
Neue Denkansätze machen Unmögliches möglich
Weitere Entwicklungszyklen folgen, in denen das Team den Hubzylinder optimiert. Dabei machen die Experten von Bott scheinbar Unmögliches möglich und erschaffen eine Zylindereinheit, die sowohl im Schnellhub als auch vollausgefahren die auftretenden Querkräfte bewältigt. Der zusätzliche Nutzen, den diese neue Lösung bietet, ermutigt die Auftraggeber, ihre ursprünglichen Grenzwerte zu erhöhen. Die Leistungsdaten des neuen Getriebehebers liegen daher heute weit über den anfänglichen Vorgaben. Durch die spezielle Ausführung der Zylindereinheit trägt das mobile Gerät nun auch außermittig platzierte Getriebe bis 600 kg und befördert sie schnell und sicher auf die maximale Arbeitshöhe, die mittlerweile bei 2000 mm liegt. Gleichzeitig verlagern die Entwickler das Hauptgewicht des hydraulischen Kraftpakets nach unten, um den Schwerpunkt des Hubgerätes möglichst weit abzusenken und damit einen kippsicheren Stand zu gewährleisten. Ein spezielles Fahrwerk von GL mit vier Lenkrollen, zwei davon gebremst, und mit Verdrehsicherung runden das Gesamtwerk ab. Damit lässt sich der mit 750 x 750 x 850 mm sehr kompakte Getriebeheber sicher manövrieren.
Außergewöhnliche Lösung mit Spielraum
Der Weg zum optimalen Getriebeheber war zwar zunächst etwas holprig. Doch durch die enge Zusammenarbeit und den Ehrgeiz, über den Tellerrand zu schauen, haben GL und Bott eine außergewöhnliche Lösung auf die Beine gestellt, die den Umgang mit schweren Bauteilen erheblich erleichtert. Die neueste Entwicklung verspricht sogar noch weitere Einsatzfelder für die Zukunft, denn die Zylindereinheit mit Akkuschrauber-Antrieb ist in alle Richtungen skalierbar.
((Firmeninfo Wolfgang Bott GmbH & Co. KG))
BOTT Smart Hydraulics
Smarte Hydraulik steht seit jeher im Mittelpunkt des Mössinger Familienunternehmens Wolfgang Bott GmbH & Co. KG. 1972 gegründet sind die Schwaben bis heute zum absoluten Spezialisten für komplexe Hydrauliklösungen gewachsen und Kunden aus unterschiedlichsten Branchen verlassen sich auf ihre Innovationskraft und Kompetenz. Mit knapp 100 Mitarbeitern entwickelt und fertigt Bott an den beiden deutschen Standorten Mössingen und Rosenheim hochwertige Aggregate, Ventile, Steuerblöcke, Zylinder und hydraulische Systeme. Die Produkte und kundenspezifischen Konzepte „made by“ BOTT Smart Hydraulics sind weltweit im Einsatz.
((Firmeninfo GL GmbH Metall- und Werkstatttechnik))
Werkstattgeräte und Auftragsfertigung „Made in Germany“
Seit der Gründung 1991 hat sich die GL GmbH Metall- und Werkstatttechnik vom Lohnfertiger von hochwertigen Blechteilen für die Maschinenbau- und Automobilindustrie zu einem Spezialisten für Werkstatttechnik entwickelt. Heute ist GL einer der führenden Hersteller von Kfz-Werkstattgeräten in Deutschland und zahlreiche OEMs verlassen sich auf die Expertise des Unternehmens. Mit 70 Mitarbeitern am Standort in Frickenhausen entwickelt und fertigt die GL innovative Lösungen für die tägliche Arbeit an modernen Kraftfahrzeugen. Dazu gehören unter anderem Geräte für den Umgang mit typischen Kfz-Flüssigkeiten, wie beispielsweise AdBlue®, Bremsflüssigkeiten, Kraftstoffe oder Mineralöle sowie Hebezeuge für ergonomisches Arbeiten mit schweren Bauteilen. Sämtliche Leistungen werden in Deutschland erbracht. Dabei legt das Unternehmen großen Wert auf kurze Lieferketten und langfristige Partnerschaften und arbeitet stets nach höchsten Qualitätsstandards.
Wolfgang Bott GmbH & Co. KG
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72116 Mössingen
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