„Tante Anna“ – Gedenkplakette für die aus der Anstalt Irsee in die T4-Tötungsanstalt Grafeneck deportierte Anna Geiss aus Hattenhofen
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Dienstag, Okt. 28, 2025
Die im Dezember 1894 als Landwirtschaftstochter geborene Anna Geiss verbrachte ihre Jugend in Hattenhofen – bis zu einem tragischen Unfall im elterlichen Betrieb, der zu einer Kopfverletzung führte, die der Amtsarzt als „Geisteskrankheit“ diagnostizierte, so dass er im Dezember 1915 die „sofortige Verbringung“ in die damaligen „Kreis-Heil- & Pflegeanstalten bei Kaufbeuren“ anordnete. „Die ärztlichen Maßnahmen beschränkten sich, dem medizinischen Wissensstand der Zeit geschuldet, auf Dauerschlafkuren und ‚Einpackungen‘“, vermerkt der Historiker Dr. Dietmar Schulze, der im Auftrag des Tagungs-, Bildungs- und Kulturzentrums des Bezirks Schwaben einen „Namensflyer“ für Anna Geiss veröffentlichte.
Am 2. September 1940 wurde Frau Geiss von Kaufbeuren in die Zweigstelle Irsee verlegt, von dort erfolgte am 9. Dezember des gleichen Jahres die Weiterverlegung nach Grafeneck, in die ehemalige Samariter-Anstalt auf der Schwäbischen Alb, die in der Zeit des Nationalsozialismus als „Gasmordanstalt“ genutzt wurde, in der über 10.000 Anstalts-Patientinnen und -Patienten ermordet wurden.
Elmar Maurus, bald 90-jähriger Neffe von Anna Geiss, kam der Geschichte seiner Tante vor zehn Jahren auf die Spur. Seine Recherchen in der T4-Gedenkstätte Grafeneck, im Bundesarchiv Berlin, wo sich die Krankenakte aus Kaufbeuren-Irsee erhalten hat, und in der Ausstellung „Anstalt Irsee“ des Schwäbischen Bildungszentrums mündeten in den 15-minütigen Videofilm „Tante Anna und ein Schloss“, der 2017 mit dem Deutschen Generationenfilmpreis ausgezeichnet wurde. Jetzt initiierte Herr Maurus auf dem Friedhof in Hattenhofen eine Gedenkplakette für Anna Geiss in Sichtweite des Familiengrabs, die von Diakon Andreas Fischer im Beisein der zahlreichen Besucherinnen und Besucher aus nah und fern gesegnet wurde.
„Das Schweigen zerbricht, wir vergessen nicht, dieses Unrecht verjährt nie“, meinte ein sichtlich angefasster Elmar Maurus, dem erst im Laufe seiner zehnjährigen Forschungen das ganze Ausmaß des tragischen Schicksals von „Tante Anna“ vollends bewusst wurde.
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