Entgelttransparenz: Südwesttextil fordert Schutz der Tarifautonomie und praktikable Lösungen

Bei der Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie in nationales Recht sieht der Wirtschafts- und Arbeitgeberverband den Bedarf, Belastungen zu begrenzen, Flexibilität für Unternehmen und Privilegien für Tarifbindungen zu erhalten.

Die europäische Entgelttransparenzrichtlinie muss von den Mitgliedsstaaten bis 07.06.2026 in nationales Recht umgesetzt werden. Südwesttextil-Hauptgeschäftsführerin Edina Brenner erklärt die Position des Verbands: „Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie geht in vielen Punkten zu weit und muss mit Blick auf ihre bürokratischen, organisatorischen und rechtlichen Konsequenzen substanziell nachgebessert werden. Für die deutsche Umsetzung fordern wir eine Regelung mit Augenmaß, die Belastungen und Bürokratie begrenzt, angemessene Übergangsregelungen schafft und die Bedeutung von Tarifautonomie und Partnerschaft verankert.“

Ausweitung der Auskunftsansprüche und Berichtspflichten unverhältnismäßig

In Deutschland gelten mit dem Entgelttransparenzgesetz bereits umfangreiche Regelungen zur Förderung der Entgeltgleichheit, darunter individuelle Auskunftsansprüche für Beschäftigte sowie Berichtspflichten. Die europäische Richtlinie erweitert diese nun: die Begrenzung des Auskunftsanspruchs auf Arbeitgeber mit über 200 Beschäftigten soll wegfallen. Für die Berichterstattung wird der Geltungsbereich von Arbeitgebern mit mehr als 500 Beschäftigten auf 100 gesenkt und der Turnus deutlich verkürzt. Die Richtlinie sieht ebenso eine Verschärfung der Sanktionen sowie neue Kollektivklagemöglichkeiten vor. Auch die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verankerte, bewährte Beweislast für Entgeltdiskriminierungen will die Richtlinie umkehren, sodass zukünftig eine glaubhafte Darlegung des Arbeitnehmers ausreicht, um eine Diskriminierungsvermutung auszulösen. Südwesttextil warnt vor einem unverhältnismäßigen Organisations- und Dokumentationsaufwand und einer deutlichen Verschlechterung der prozessualen Ausgangslage für Unternehmen.

Tarifautonomie in Gefahr: Südwesttextil fordert Erhalt bewährter Systeme

In Deutschland gewährleisten Tarifautonomie und Tarifpartnerschaft bereits ein hohes Maß an Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Gleichbehandlung in der Entgeltfindung. Deshalb gilt für tarifgebundene oder -anwendende Unternehmen aktuell die sogenannte Angemessenheitsvermutung im Entgelttransparenzgesetz. Für die Bewertung gleicher oder gleichwertiger Arbeit wird der Vergleich auf die jeweilige tarifliche Entgeltgruppe begrenzt. Diese Privilegierung von tarifgebundenen oder -anwendenden Unternehmen entfällt in der Richtlinie ebenso wie der verlängerte Berichtszeitraum und die Befreiung von der Überprüfung der Gleichwertigkeit von Tätigkeiten. Die Richtlinie sieht damit eine nachträgliche Überprüfung bestehender tariflicher Bewertungssysteme vor und unterläuft den durch das Grundgesetz geschützten Gestaltungsspielraum der Tarifparteien. Dies stellt einen unzulässigen Eingriff in die Tarifautonomie dar. Südwesttextil fordert, dass tarifliche Bewertungssysteme und Privilegien in der Umsetzung der Richtlinie erhalten bleiben.

Neue Kriterien für „Equal Pay“: Komplexität statt Klarheit?

Für den zentralen Anspruchs auf „Equal Pay“ etabliert die EU-Richtlinie vier neue Kriterien – Kompetenz, Verantwortung, Belastung und Arbeitsbedingungen – sowie die Möglichkeit weiterer ergänzender Faktoren. Dies führt in der Praxis zu komplexeren Bewertungen von Tätigkeiten und Rechtsunsicherheit. Südwesttextil fordert daher für die nationale Umsetzung, dass die vier Faktoren nach Maßgabe ihrer Relevanz für den jeweiligen Arbeitsplatz gewichtet werden können. Ebenfalls sollte zukünftig möglich sein, dass Leistung und Erfahrung als Kriterien herangezogen werden können.

Auch die Bildung von Vergleichsgruppen erweitert die Richtlinie. Als Vergleich können nicht nur wie bislang Beschäftigte beim selben Arbeitgeber, sondern ebenfalls sogenannte „einheitliche Quellen“, die Entgeltbedingungen festlegen, herangezogen werden. Die Richtlinie ermöglicht damit konzern- und unternehmensübergreifende Vergleiche ebenso wie den Bezug auf historische Gehälter oder hypothetische Vergleichspersonen. Die vorgesehene nahezu grenzenlose Vergleichbarkeit geht zu weit und ist praxisfremd. Es muss eine gesetzliche Klärung des Begriffs „einheitliche Quelle“ erfolgen und sichergestellt werden, dass unternehmens-, branchen- und regionalspezifische Unterschiede hinreichend berücksichtigt werden können.

Gehaltstransparenz in Stellenausschreibungen: Risiken für den Fachkräftemarkt

Die Richtlinie sieht zudem eine Ausweitung des Auskunftsanspruchs auf Bewerbende vor, sodass bereits im Bewerbungsverfahren Informationen zum Gehalt veröffentlicht werden müssen. Der Gestaltungsspielraum für Arbeitgeber, gehaltlich auf individuelle Bewerbende einzugehen, wird so erheblich eingeschränkt. Der ohnehin schon herausfordernde Wettbewerb um Fachkräfte wird verschärft, wenn Wettbewerber dank unmittelbarer Einblicke in Vergütungsstrukturen gezieltere Abwerbeversuche platzieren können. Südwesttextil fordert daher, dass bei der nationalen Umsetzung eine größtmögliche Flexibilität sicherzustellen ist. Arbeitgebern sollte es freigestellt bleiben, wie sie Bewerbenden die Informationen bereitstellen.

Das vollständige Positionspapier mit weiteren Details zu den Forderungen finden Sie hier.

Über den Südwesttextil e.V.

– Die Textil- und Bekleidungsindustrie ist Deutschlands zweitgrößte Konsumgüterindustrie und bei technischen Textilien Weltmarktführer.

– Südwesttextil vertritt die Interessen der Branche in Baden-Württemberg. Der Wirtschafts- und Arbeitgeberverband ist eine Gemeinschaft von rund 200 Unternehmen mit 7 Mrd. Euro Umsatz und 24.000 Beschäftigten.

– Viele sind wichtige Zulieferer für die Autoindustrie, Luft- und Raumfahrt und Medizin oder machen mit attraktiver Mode und hochwertigen Heimtextilien den Alltag schöner und komfortabler.

– Südwesttextil ist Berater für seine Mitglieder, Netzwerker in Politik und Wirtschaft, Sozialpartner in der Tarifpolitik, Förderer der Textilforschung und des Engagements für soziale und ökologische Standards.

Textil aus Baden-Württemberg ist der Stoff, aus dem die Zukunft ist.

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