Luise Besserer und Jürgen Seibold gewinnen den Sebastian-Blau-Preis für schwäbische Literatur

Die aus Tübingen gebürtige Luise Besserer überzeugte mit ihrer Erzählung "Sieba Johr lang", in der aus der Perspektive einer angepassten, aber zuletzt aufmüpfigen Textilarbeiterin eindrückliche Einblicke in den Arbeitsalltag und die Situation junger Mädchen in den 50er-Jahren gewährt werden: "Des mach i net", sagt sie nach sieben Jahren ihren Vorgesetzten, die sie zur Ausspähung des Lebenswandels auf eine Kollegin angesetzt hatten. Die Gedichte "Dahoim", "Na woisch,was isch" und "Was i brauch" von Jürgen Seibold beschreiben die reflektierte Suche nach einem Zuhause, das nur gefunden werden kann, wenn man mit sich selber im Reinen ist.
Die volkstümliche Ballade "Allgäuer Allerserseeledag" von Richard Bareis aus Starzach (Kreis Tübingen) könnte mit ihren leicht herausprudelnden Versen und ihrer sprachlichen Kraft fast aus der Feder von einem Sailer, Hebel oder Blau stammen. Sie lässt den Leser in gruselige Tiefen eintauchen, wofür ein 2. Preis (1.500 Euro) mehr als angemessen erschien. Genauso wie für die Erzählung "En Gruß dahoim" der aus Nagold stammenden Wienerin Suse Lichtenberger. Auf bewegende Weise beschreibt sie Weggehen, Heimkommen, Dableiben oder wieder Weggehen, eine Problematik, mit der sich früher oder später alle Generationen befassen müssen.
Mit dem dritten Preis (1.000 Euro) wurde die Erzählung "En ganz koschtbarer Fund" von Gabi Weber-Urban aus Gäufelden (Kreis Böblingen) ausgezeichnet, deren Erzählerin erst in reiferem Alter nach der Entdeckung von Feldpostbriefen ihres 1943 in Russland gefallenen Großvaters eine echte Vorstellung vom Opa gewinnt und ihr sein Fehlen in ihrer Kindheit schmerzlich bewusst wird. Die Sparte Lyrik ging an den Esslinger mit Hayinger Wurzeln, Klaus Schmidt. "Mauldascha" und "Goddzigschdr" sind lapidare, aber treffende Hymnen auf das Leibgericht und den Apfel, "Schwäbische Flora und Fauna" ein Klagelied auf das Verschwinden der Dorfgasthäuser mit so schönen Namen wie Linde, Rose, Grüner Baum und Traube sowie Rössle, Adler, Hirsch, Löwe, Ochsen, Lamm und Schwanen. Die Rottenburger Zuschauerschaft war sichtbar begeistert von Klaus Schmidts völlig frei und beschwingt vorgetragenen Zwischentexten und Gedichten – der Lohn war die Wahl zum Publikumspreisträger (500 Euro).
Informationen
Mundart-Verein will schwäbisches Kulturerbe erhalten
Ausrichter des Wettbewerbs ist der Verein schwäbische mund.art e.V., der seit 2002 alle zwei Jahre den Sebastian-Blau-Preis für schwäbische Mundart verleiht. Abwechselnd für Musik, Kabarett, Film und nun zum vierten Mal für Literatur. Der Preis soll dazu beitragen, dass die schwäbische Sprache auch in Zukunft in der Literaturlandschaft als wertvolles Kulturerbe wahrgenommen wird. In diesem Jahr werden insgesamt über 10.000 Euro an Preisgeld vergeben. Sponsoren sind die WGV Versicherung und Die Wiedeking Stiftung, weitere Zuwendungen kommen vom Förderverein Schwäbische Dialekt e.V., vom Land Baden-Württemberg, von der Kreissparkasse Tübingen und von den Stadtwerken Rottenburg.
Preis erinnert an Mundartdichter Sebastian-Blau
Namensgeber des Sebastian-Blau-Preises ist der langjährige Herausgeber und Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, Josef Eberle. Unter dem Pseudonym Sebastian Blau wurde er zu einem der bedeutendsten Dialektdichter der deutschen Literaturgeschichte.
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