5 Millionen Menschen in Deutschland müssten nicht zuckerkrank sein – aber sie erfahren es nicht
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Donnerstag, Nov. 6, 2025
Doch die Realität sieht anders aus: Menschen mit Prädiabetes oder einem neu festgestellten Typ-2-Diabetes werden nicht über ihre Möglichkeiten informiert, den Diabetes zu verhindern oder zurückzubilden – ein Skandal, der dringend öffentliche Aufmerksamkeit verdient.
Die Deutsche Akademie für Präventivmedizin (DAPM) fordert mit Nachdruck eine Neuausrichtung der Gesundheitspolitik: Statt die Krankheit Diabetes „zu verwalten“, sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um den Typ 2-Diabetes zu vermeiden bzw. ihn wieder loszuwerden.
Die Fakten in Kürze:
Kontakt: Für Rückfragen zum Thema und ein Interview steht Ihnen der 1. Vorsitzende der Deutschen Akademie für Präventivmedizin, Dr. med. Johannes Scholl (Facharzt für Innere Medizin, Ernährungs-medizin, Sportmedizin) unter scholl@akaprev.de gerne zur Verfügung.
Diabetes als vermeidbare Epidemie – das Versagen des Gesundheitssystems
In Deutschland leiden knapp 10 Mio. Erwachsene an Typ 2-Diabetes – jedes Jahr kommen mehr als 500.000 neue Fälle hinzu. (1) Diabetes ist ein führender Risikofaktor für vorzeitige arteriosklerotische Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall, für die chronische Niereninsuffizienz (Nierenversagen), für verschiedene Krebsarten wie Leber-, Bauchspeicheldrüsen- und Darmkrebs sowie für Demenz.
Wer mit 50 Jahren an Diabetes erkrankt, verliert 6-7 gesunde Lebensjahre. (2)
Trotz dieser alarmierenden Zahlen wird Menschen mit Prädiabetes, der Vorstufe der Zuckerkrankheit, nicht vermittelt, wie sie ihre Erkrankung verhindern könnten. Und auch Menschen mit neu diagnostiziertem Diabetes wird zumeist verschwiegen, dass sie ihre Krankheit sogar ohne Medikamente in den Griff bekommen und zurückbilden können. Unser Gesundheitssystem lässt Millionen Menschen bewusst im Stich – denn alle verdienen am Diabetes, jedoch nicht an dessen Vermeidung.
Die Wahrheit, die Menschen mit Prädiabetes nicht erfahren
Übergewicht und Adipositas nehmen gerade bei jüngeren Menschen zu. Die heute 30-Jährigen haben signifikant häufiger einen erhöhten Bauchumfang und Übergewicht als ihre Elterngeneration. Damit steigt auch das Risiko für einen gestörten Zuckerstoffwechsel und langfristig für Diabetes.
Von 100 Menschen mit Prädiabetes entwickeln in den kommenden 10 Jahren mindestens 35 einen manifesten Typ-2-Diabetes. (3)
Dabei könnten 80 % dieser Fälle durch eine Lebensstiländerung verhindert werden. (4) Doch Menschen mit Prädiabetes bekommen häufig keine ausreichenden Informationen über die Bedeutung von Ernährung und Bewegung für ihre Gesundheit.
Zahlreiche, voneinander unabhängige Studien belegen, dass durch eine kohlenhydratreduzierte Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität das Risiko einer Diabetesentwicklung drastisch gesenkt werden kann. Doch statt die Menschen proaktiv über diese Möglichkeiten aufzuklären, setzt das System auf die spätere medikamentöse Behandlung.
Finanzielle Interessen gegen Patientenwohl: Wer am Diabetes verdient
Zu viele Leistungserbringer verdienen gut an der Krankheit und selbst Krankenkassen erhalten durch Fehlanreize im Morbi-RSA höhere Deckungsbeiträge pro Patient, wenn sie mehr Diabetes-Patienten versorgen. Für die Umstellung auf Insulin – eine oft unnötige Maßnahme – erhält eine Kasse nach der HMG 20 (Hierarchisierte Morbiditätsgruppe 20 im Morbi-RSA) mehr als 2400 € Zuschlag pro Jahr und Patient. (5) Durch gute Diabetesprävention würden die Kassen dagegen finanzielle Einbußen erleiden.
Es ist ein gesundheitspolitischer Skandal: Prävention wird ignoriert, während Diabetes für viele ein lukratives Geschäft bleibt. Und die Versicherten zahlen die Zeche! Von den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung werden aktuell viele Milliarden für die Behandlung einer grundsätzlich vermeidbaren Erkrankung wie Diabetes verschwendet. Durch Programme zur Diabetesprävention und Rückbildung könnten die Kosten im Gesundheitswesen reduziert und die Krankenkassenbeiträge stabilisiert werden.
Veraltete Ernährungsempfehlungen: Die Rolle der Fachgesellschaften
Seit Anfang der 80er Jahre hatten Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) sowohl der Allgemeinbevölkerung als auch Menschen mit Diabetes empfohlen, sich fettarm zu ernähren. Dadurch wurde die Epidemie von Übergewicht und Diabetes erst recht gefördert, denn ein inadäquat hoher Konsum von Kohlenhydraten führt nachweislich zu Leberverfettung, Insulinresistenz, Gewichtszunahme und schließlich zum Typ 2-Diabetes. (6) Sowohl die amerikanische Diabetesgesellschaft ADA als auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft DDG haben vor wenigen Jahren in ihren Leitlinien anerkannt, dass die beste Möglichkeit zur Optimierung des Zuckerstoffwechsels (= Senkung des Langzeit-Blutzuckermesswertes HbA1c) eine kohlenhydratreduzierte Ernährungsweise darstellt.
Ein Systematisches „Umbrella“-Review des Deutschen Diabetes Zentrums Düsseldorf (7) hat 2023 bestätigt, dass Low-Carb mit höchsten Evidenzgrad vorteilhaft für Menschen mit Typ 2- Diabetes ist.
Dennoch leben die alten Empfehlungen zum Fettsparen immer wieder auf – zuletzt unter dem Deckmantel des Klimaschutzes sogar bei der WHO. (8) Ob da auch heute noch im Hintergrund die Zuckerlobby rührt? (9) So werden substanzielle Fortschritte in der Diabetesprävention erschwert.
Die vergessene Chance der Diabetesrückbildung – „Remission: is possible!“
Bis zu 70 % der Menschen mit neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes könnten ihre Krankheit durch Lebensstiländerungen zurückbilden – ganz ohne Medikamente. Dies zeigen Daten aus den USA (VIRTA Health-Studie) und aus Großbritannien (Dr. David Unwin). (10, 11)
Doch im deutschen Gesundheitswesen gibt es weder Programme zur Diabetesrückbildung, noch zeigt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ein ernsthaftes Interesse daran. Denn anders als mit den neuen Hormonspritzen zum Abnehmen ist mit Diabetesrückbildung kein Geschäft zu machen.
Nebenbei: 250 000 € Sponsoring pro Jahr erhielt die DDG in den letzten Jahren allein von Novo Nordisk. Und maßgebliche Experten zum Thema weigern sich, ihre Einnahmen über Beraterhonorare und Sponsoring der Pharmaindustrie offenzulegen. Sie sind in Deutschland tatsächlich auch nicht dazu verpflichtet.
Forderung an die Politik: Jetzt Diabetes-Prävention zur Priorität machen!
Der Typ-2-Diabetes ist eine vermeidbare und in der Mehrzahl der Fälle reversible Krankheit. (12)
Quellenangaben:
1. Reitzle L et al., Inzidenz von Typ-1- und Typ-2-Diabetes vor und während der COVID-19-Pandemie in Deutschland: Analyse von Routinedaten der Jahre 2015 bis 2021. Journal of Health Monitoring 2023; 8(S5). https://doi.org/10.25646/11703
2. Emerging Risk Factors Collaboration. Life expectancy associated with different ages at diagnosis of type 2 diabetes in high-income countries: 23 million person-years of observation. Lancet Diabetes Endocrinol 2023; 11: 731-42. https://doi.org/10.1016/S2213-8587(23)00223-1
3. Morris DH et al., Progression rates from HbA1c 6.0–6.4% and other prediabetes definitions to type 2 diabetes: a meta-analysis. Diabetologia (2013) 56:1489–1493. https://doi.org/10.1007/s00125-013-2902-4
4. Scholl JG, Kurz PU, P358, Successful diabetes prevention – the Prevention First longitudinal study (PFLS) European Journal of Preventive Cardiology (May 2018) 25 (Supplement 1), 66. https://doi.org/10.13140/rg.2.2.10081.40804
5. Weinhold I et al., Economic impact of disease prevention in a morbidity-based financing system: does prevention pay off for a statutory health insurance fund in Germany? European Journal of Health Economics 2019; 20: 1181– 1193. https://doi.org/10.1007/s10198-019-01086-7
6. Magkos, F., Sørensen, T.I.A., Raubenheimer, D. et al. On the pathogenesis of obesity: causal models and missing pieces of the puzzle. Nat Metab (2024). https://doi.org/10.1038/s42255-024-01106-8
7. Szczerba Edyta et al., Diet in the management of type 2 diabetes: umbrella review of systematic reviews with meta-analyses of randomised controlled trials. BMJMED 2023; 2: e000664. https://doi.org/… 000664
8. Kearns Cristin E., Schmidt Laura A., Glantz Stanton A., Sugar Industry and Coronary Heart Disease Research – A Historical Analysis of Internal Industry Documents. JAMA Intern Med. 2016;176(11):1680–1685. https://doi.org/10.1001/jamainternmed.2016.5394
9. Ludwig David S., Hu Frank B., Lichtenstein Alice H., Willett Walter C., Low-fat diet Redux at WHO. The American Journal of Clinical Nutrition 2023; 118(5): 849-851. https://doi.org/
10.1016/j.ajcnut.2023.09.006 . 10. Hallberg SJ et al., Effectiveness and Safety of a Novel Care Model for the Management of Type 2 Diabetes at 1 Year: An Open-Label, Non-Randomized, Controlled Study. Diabetes Ther 2018, 9: 583-612, https://doi.org/10.1007/s13300-018-0373-9
11. Unwin David et al., Insights from a general practice service evaluation supporting a lower carbohydrate diet in patients with type 2 diabetes mellitus and prediabetes: a secondary analysis of routine clinic data including HbA1c, weight and prescribing over 6 years. BMJ Nutrition, Prevention & Health 2020; 3: e000072. https://doi.org/10.1136/bmjnph-2020-000072
12. Scholl Johannes, Snowdon Bettina. Diabetes zurück auf Null: Die Erkrankung stoppen und gesund werden. TRIAS; 1. Edition (5. Oktober 2022). www.diabetesaufnull.de
Deutsche Akademie für PräventivMedizin e.V.
Europastraße 10
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