Diagnose Brustkrebs: „Ich bin heute zäher und gelassener: privat, sportlich und beruflich.“

Sandra Otto ist promovierte Betriebswirtin und lebt mit ihrem Mann im Süden von Leipzig. Kurz nach ihrem 34. Geburtstag erhielt sie die Diagnose Brustkrebs, 18 Monate später das Rezidiv. Dies war der Anstoß, sich für den Verein Haus Leben e. V. (www.hausleben.org) zu engagieren und sich aktiv für ein Umdenken in der Gesellschaft einzusetzen: Denn eine Krebserkrankung ist kein Stigma und man kann alles schaffen – wenn man den Lebenswillen nicht verliert (www.sandra-otto.de).

Diagnose: Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium! Das muss ein ziemlicher Schock für Sie gewesen sein. Viele Menschen hätten sich diesem Schicksal gebeugt. Was hat Sie dazu bewogen, weiterzulaufen?

Sandra Otto: Unterschiedlichste Aspekte spielten eine Rolle. Von einem Atemzug auf den nächsten brach meine so sicher geglaubte Alltagsroutine zusammen. Zukunftspläne und Träume mit meinem Mann, mit Freunden, das soziale Gefüge aus kalkulierbarem Job, Haushalt und Kreditraten wurden das Fundament entzogen. Ich war außen vor. Zunächst benötigte ich unmittelbar nach der Diagnose einen Grund zum Aufstehen, Bewegen, der negativen Gedankenspirale aus Todespanik, Kraftlosigkeit, Lebenssinnhinterfragung zu begegnen. Ich lief mit und gegen die Tränen, powerte mich aus, bis nur noch der Körper funktionierte. Mit dieser Ablenkung schaffte ich mir einen ersten Einstieg in eine zukünftige neue Alltagsroutine. Zeit nur mit mir zu verbringen, wirkte anfangs belastend. Das Anstarren der weißen Wand konnte tödlich sein. Sehr schnell begriff ich, die Kraft zum Weiterleben muss aus mir herauskommen. Ich überdachte mein bisheriges Leben, suchte nach einer Konstanten und fand das Laufen als meinen Rettungsanker. Ich sagte mir, wenn ich in meinem bisher erfolgreichsten sportlichen Jahr mit persönlichen Bestzeiten und Podestplätzen selbst unmittelbar vor der korrekten Diagnosestellung uneingeschränkt unterwegs war, hielt das Laufen den Krebs seit mehreren Jahren erfolgreich in Schach. Die Evolution schuf unseren Körper für Bewegungen von problemlos 20 Kilometern pro Tag aus eigener Kraft. Dies entspricht so ungefähr einem Halbmarathon. Daraus entstand mein Bewegungsziel von täglich mindestens zwei Stunden am Stück an der frischen Luft entweder langsam joggend und/oder als längere Fußwege zum Arzt, zur Blutkontrolle, zu Untersuchungen, zur Post, zum Supermarkt. Ich stellte mir vor, mit jedem Laufschritt eine Krebszelle abzutöten, mir eine Lebensminute zu schenken. Damit fand ich gleichfalls eine knackige Antwort auf die traditionelle Frage aus dem Umfeld: „Wie geht es Dir?” Meine Antwort: „Ich laufe!” Meinem Mann, meinen engsten Freunden, meinem Umfeld signalisierte ich durch den Sport, ich gebe mich nicht auf, ich komme alleine klar. Dies war und ist mir wichtig. Ich trage ebenfalls Verantwortung für mein engstes Umfeld, für meinen Partner, meine Freunde etc. Ich bleibe soweit als möglich selbständig, lerne, mich zu arrangieren und noch differenzierter um Hilfe zu bitten. Jenseits der Krebserkrankung wollte und will ich mein Leben weiterhin leben und genießen. Ja, Bewegung, Laufen schuf mir während der Akuttherapien in 2011 und 2013 Lebensqualität. Mein Körper zeigte meiner Psyche, was in ihm steckt. Ich lasse mich nicht auf die Krebserkrankung reduzieren. Selbstverständlich prägte diese Lebenserfahrung meinen weiteren (Lauf-)Lebensweg. Doch ich bin Mensch und in mir steckt noch so viel mehr. Deshalb räume ich dem Krebs nicht zu viel Macht in meinem Leben ein. Für mich bedeutet Laufen Bewegung, Natur erleben, Kraft tanken, Selbstbestätigung gewinnen. Durch das Laufen und die Bewegung an der frischen Luft sah ich unter den Therapien – trotz neuer Frisur – gesund aus, kämpfte weniger mit den Therapienebenwirkungen, fand Schlaf und kann auch heute insbesondere der Fatigue aus eigener Kraft etwas entgegensetzen. Dank dem Sport musste ich keine der Chemotherapien unterbrechen, verschieben. Allerdings war ich anfangs verunsichert, ob ich überhaupt laufen darf und in welchem Umfang. Gezielte Fragen an meine behandelnden Ärzte führten von Kopfschütteln, über hochgezogene Augenbrauen bis zu „… Hören Sie auf Ihren Körper. Er sendet Ihnen schon ein Stopsignal,” die komplette Bandbreite. Damit war mein Recherchedrang als Wissenschaftlerin geweckt. Ich recherchierte selbst. Überraschend fand ich insbesondere in der US-Forschungsliteratur einschlägige Studien zu den positiven Effekten von Sport trotz Krebs. Erst in jüngerer Zeit gibt es einige wenige Studien im deutschen Forschungskontext. Grundtenor: Laufen, Kraft- und Balancetraining unterstützen die Krebstherapie, verbessern die Lebensqualität und können die Prognose verbessern. Hinsichtlich des Umfangs schwanken die Aussagen. Meine Erkenntnisse fasste ich in dem Buch: „Mein Lauf ins Leben: Sport als Rettungsanker nach der Krebsdiagnose“ zusammen. Neben meinem individuellen Lauflebensweg führe ich über 100 Studienergebnisse an, die der interessierte Leser über das verlinkte Literaturverzeichnis nachlesen kann.

Was war Ihr größtes Erfolgserlebnis während Ihrer Krebskrankheit?

Sandra Otto: Während der Ersterkrankung stellte die erfolgreiche Teilnahme am Halbmarathon in Leipzig im April 2012 nach Abschluss der ersten Chemotherapie und der Operation sowie vor der Bestrahlung mein bis dato prägendstes Lauferlebnis dar. Der langsamste Halbmarathon meines Lebens, den ich tatsächlich schaffte. Mit der Zweiterkrankung gab ich erstmals bei einem Lauf vorzeitig auf. Mein Mann und ich nehmen jedes Jahr am Ostseestaffelmarathon in Dierhagen im Oktober als Paarteam teil. Wir teilen uns die acht Runden. Ich lauf die ersten vier Runden am Stück, übergebe den Staffelstab dann an meinen Mann. Im Oktober 2013 „musste” ich mit dieser Tradition aussetzen, rief meinem Mann am Ende der zweiten Runde zu, dass er bereits nach meiner dritten Runde übernehmen muss. Läuferisch die schönste Laufniederlage meines Lebens. Traumhaft.

Welchen Rat geben Sie anderen Krebspatentinnen mit auf den Weg?

Sandra Otto: Laufen ist eine sehr unkomplizierte und preiswerte Sportart, die sich optimal in den Alltag – auch nur für 20 Minuten – integrieren lässt. Lediglich ein paar gute Laufschuhe sind notwendig. Unabhängig von Öffnungszeiten, Räumlichkeiten und Sportpartnern kann jeder loslegen. Trotzdem ist Sport, bspw. das Laufen, kein Allheilmittel. Jeder Krebspatient hat für sich selbst herauszufinden, was für ihn im Alltag passt, ihn motiviert, Spaß macht, finanzierbar ist. Sowohl die Krankenkassen, die Deutsche Rentenversicherung als auch Sportvereine bieten gezielte Angebote an. Einfach nachfragen. Zudem bieten beispielsweise Fitnessstudios, Yogagruppen, professionelle Laufgruppen etc. kostenlose Schnupperstunden an. Gleichgültig, ob bereits erfahrener Läufer/Sportler oder Neueinsteiger: Eine medizinische Absegnung in Abstimmung mit den behandelnden Ärzten, Physiotherapeuten etc. steht am Anfang und sollte durch laufende Kontrollen unterstützt werden. Zudem kann eine professionelle individuelle Leistungsdiagnostik, die von Universitäten, Forschungseinrichtungen, privaten Coaches angeboten wird, gezielt unterstützen. Allerdings stellt der letztgenannte Aspekt kein „Muss“ dar. Als Motivationshilfe: Im Gespräch einen Nebensatz über das miese Wetter während des gestrigen Läufchens abzugeben, schafft bei meinem Gegenüber sicherlich einen prägenderen Eindruck an dieses Treffen als über die letzte Folge von „Bauer sucht Frau“ zu debattieren. Durch regelmäßigen Sport wird der gesamte Körper gestraft. Betroffene sehen besser aus, spüren die Kraft im und über den eigenen Körper. Dies stärkt mental und die Figur bleibt bzw. wird definierter! Da Sie mich ja speziell nach Krebspatientinnen fragten.

Zum Buch:
Sandra Otto
Mein Lauf ins Leben
978-3-8403-7608-5
14,95 €

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